Die sinkende Anzahl der Baugenehmigungen und die hohen Baukosten haben den Neubau in Deutschland erheblich belastet. Laut einer Prognose des Ifo Instituts wird die Zahl der neu gebauten Wohnungen in Deutschland bis 2026 auf 175.000 absinken. Im Vergleich zu 2022, als noch knapp 300.000 Wohnungen fertiggestellt wurden, entspricht das einem Rückgang von rund 40 Prozent. Das Ziel der Ampel-Koalition, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, rückt damit in weite Ferne. Kann die Novelle des Baugesetzbuchs, die das Bundesbauministerium vergangene Woche vorgestellt hat, eine Trendwende einleiten? Der Gesetzentwurf soll im September im Bundeskabinett beschlossen und bis Ende des Jahres im Deutschen Bundestag verabschiedet werden.
Entscheidend für die Prognose des Ifo Instituts ist der deutliche Einbruch bei den Bauanträgen und Baugenehmigungen. Im Mai 2024 wurden laut Statistischem Bundesamt nur 17.800 Bauanträge bewilligt, knapp 44 Prozent weniger als noch im Mai 2022. Aufgrund der stark gestiegenen Baukosten haben zahlreiche Wohnungsunternehmen und Projektentwickler ihre Bauprojekte vorerst gestoppt.
Diese Entwicklung ist auch in Berlin zu beobachten: Bei den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist die Zahl der Neubauprojekte zurückgegangen. Während in 2022 noch insgesamt 5.969 Wohnungen errichtet wurden, fiel der Wert in 2023 auf 4.348 Wohnungen ab und verringerte sich damit um fast ein Viertel. Das Ziel des Berliner Senats, jährlich rund 6.500 öffentlich gebaute Wohnungen fertigzustellen, wurde deutlich unterschritten.
Genau zum richtigen Zeitpunkt kam daher in der vergangenen Woche die Nachricht, dass das Bundesbauministerium den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben hat. Die Novelle des Baugesetzbuchs sieht u.a. kürzere Fristen für die Bauleitplanung, schnellere Genehmigungsverfahren und weniger Bürokratie vor und soll dazu beitragen, mehr Wohnraum in den Ballungsräumen zu schaffen. Die Bau- und Immobilienbranche bewertet die Novelle positiv und hofft, dass Planungs- und Umsetzungsbeschleunigung endlich an Fahrt aufnehmen und die Digitalisierung der Planverfahren weiter vorangetrieben wird, wie der ZIA in einem Statement verlauten ließ. Der erhoffte Turbo für den Wohnungsbau wird nach Einschätzung der Branche allerdings nicht eintreten. So fehle u.a. eine Sonderregelung für eine vereinfachte Flächenbereitstellung für angespannte Märkte, die ursprünglich für den Paragrafen 246e vorgesehen war. Sie sah vor, bestimmte Vorschriften wie Öffentlichkeitsbeteiligung und ökologische Auflagen bis 2026 auszusetzen.
„Die Novelle des Baugesetzbuchs enthält gute Ansätze zur Entbürokratisierung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, die die Immobilienbranche schon lange einfordert. Nach der jetzigen Entwurfsfassung wird serielles und modulares Bauen künftig leichter umgesetzt, was den Wohnungsbau beschleunigen wird. Aus meiner Sicht geht die Novelle aber nicht weit genug, um eine endgültige Trendwende einzuleiten. Von der Ausnahmeverordnung für angespannte Märkte würde vor allem der Wohnungsbau in Berlin profitieren. Die Zielmarke des Senats von 6.500 neuen Wohnungen pro Jahr ist weiterhin außer Reichweite,“ sagt Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds.