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Branchenexperten: Nur die Hälfte des Regierungszieles ist realistisch

Branchenexperten: Nur die Hälfte des Regierungszieles ist realistisch

Obwohl die Bundesregierung offiziell weiter an ihrem Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in Deutschland festhält, ist nach Einschätzung von Branchenexperten nur noch die Hälfte davon realistisch. Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), sagte dazu anlässlich der Jahrespressekonferenz des Verbandes am 3. Juli 2023, es bewahrheite sich, wovor man seit weit mehr als einem Jahr mehrfach gewarnt habe. Unter den aktuellen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen sei es den sozial orientierten Wohnungsunternehmen nicht mehr möglich, in bezahlbaren Wohnungsbau zu investieren. Anstelle des Regierungsziels von 400.000 neuen Wohnungen müsse man mit bis auf nur noch 200.000 neue Wohnungen pro Jahr zurückgehenden Wohnungsbauzahlen rechnen. Gleichzeitig schössen die Bau- und Modernisierungskosten weiter nach oben, während die Regierung sozial orientierten Vermietern die Investitionsfähigkeit weiter kappe. So werde bezahlbares und klimaschonendes Wohnen für alle Menschen immer mehr zu einem unerreichbaren Ziel.

Besonders kritisch beurteilte Gedaschko das bisherige Gesetzgebungsverfahren rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Dessen Ablauf sei gerade mit Blick auf seine enorme Bedeutung für alle Bürgerinnen und Bürger völlig inakzeptabel. Wenn die Zeit für eine intensive Beratung eines dermaßen entscheidenden Gesetzes fehle, schade dies der gesamten Energiewende massiv. Zentrales Anliegen der Verantwortlichen solle nicht der Parteifriede, sondern gesellschaftlich funktionierender Klimaschutz sein. Das GEG funktioniere nur mit einer sozial gerechten Förderung und müsse zwingend zusammen mit einer funktionierenden Fördersystematik, dem Wärmeplanungsgesetz und der Wärmelieferverordnung, verabschiedet werden, weil andernfalls teure Fehlentscheidungen aufseiten der Bürgerinnen und Bürger gefördert würden. Nach den Erfahrungen mit der KfW-Förderung im Jahr 2022 bestehe massive Skepsis, dass die in Aussicht gestellten Förderinstrumente längerfristig verfügbar sein werden. Der Gesetzgeber müsse für Planungssicherheit sorgen und daher einen gesetzlichen Förderanspruch für wenigstens zehn Jahre verankern.

Erst wenige Tage zuvor hatte das Statistische Bundesamt bekannt gegeben, dass 2022 deutschlandweit nur 295.000 Wohnungen gebaut worden seien. Das war nicht nur deutlich weniger als die von der Bundesregierung angestrebten 400.000 Wohnungen pro Jahr, sondern habe zugleich auch um 27 Prozent unter dem Schnitt der Jahre 1950 bis 2022 gelegen. Das IFO-Institut prognostizierte für 2023 bereits einen erneuten Rückgang der Fertigstellungszahlen auf 275.000 Einheiten, während der GdW lediglich noch mit 242.000 neuen Wohnungen rechnet und für 2024 einen weiteren drastischen Einbruch auf 214.000 Wohnungen erwartet.

„Es liegt auf der Hand, dass weder private noch staatliche Wohnungsbauunternehmen in der Lage sind, die eigentlich benötigten Fertigstellungszahlen zu erreichen, wenn die Preise für Material und Bauleistungen so exorbitant steigen, wie dies in den letzten beiden Jahren der Fall war, und gleichzeitig neue Vorschriften erlassen werden, die das Bauen zusätzlich verteuern“, sagt Jacopo Mingazzini, Vorstand von The Grounds. „Ohne verlässliche Rahmenbedingungen, insbesondere auch im Hinblick auf finanzielle Förderungen, fehlen vielen Investoren schlicht und einfach die entscheidenden Planungsgrundlagen. Leider hat das unglückliche Agieren der Politik bei der KfW-Förderung hier viel Vertrauen zerstört.“